Wenn Pflege nötig wird

Manchmal kommt es unerwartet

Ein Unfall, ein Schlaganfall oder eine Operation können von heute auf morgen aus einem fitten Senior einen Pflegefall machen – vorübergehend oder sogar dauerhaft. Auch Kinder oder junge Erwachsene können auf diese Weise pflegebedürftig werden.

Die Aufmerksamkeit der Angehörigen ist gefragt

Das Treppensteigen und Einkaufen wird beschwerlicher, Stürze häufen sich. Socken anzuziehen wird zum Leistungssport. Oder vielleicht kommt es immer häufiger vor, dass ein alternder Mensch den Wohnungsschlüssel nicht findet. Er oder sie erinnert sich noch detailreich an Geschichten aus der Vergangenheit, kommt aber nicht auf den Namen der Nachbarn, die gestern zum Kaffee da waren. Den Betroffenen fällt es schwer, sich einzugestehen, dass sie nicht mehr ohne Hilfe zurechtkommen. Hier ist die Aufmerksamkeit der Angehörigen gefragt.

Wann springt die Pflegeversicherung ein?

Die gesetzliche Definition der Pflegebedürftigkeit ist, dass die Betroffenen über einen längeren Zeitraum hinweg (über sechs Monate) nicht in der Lage sind, im Alltag selbstständig zurechtzukommen. Die Beeinträchtigung kann körperlicher, kognitiver oder psychischer Art sein oder eine Kombination aus verschiedenen Faktoren. Die Pflegekassen übernehmen je nach Grad der Pflegebedürftigkeit einen festgelegten Anteil der Kosten für Pflege und unterstützende Dienstleistungen, wenn der oder die Betroffene vor der Antragsstellung mindestens zwei Jahre lang pflegeversichert war.

Was ist zu tun, wenn nahe Angehörige pflegebedürftig werden?

1. Lassen Sie sich beraten

Lassen Sie sich bei einem Pflegestützpunkt oder bei Ihrer Pflegekasse beraten. Die Kundenberaterinnen und -berater der Pflegekasse erklären Ihnen, welche Möglichkeiten es gibt und welche organisatorischen Schritte nötig sind.

2. Beantragen Sie bei Ihrer Pflegekasse einen Pflegegrad

Schicken Sie den ausgefüllten Antrag möglichst zeitnah an die zuständige Pflegekasse, denn Pflegekostenzuschüsse werden frühestens ab dem Monat bezahlt, in dem der Antrag gestellt wurde. Die Pflegekasse beauftragt dann einen Gutachter oder eine Gutachterin des Medizinischen Dienstes mit der Feststellung des Pflegegrades.

3. Bereiten Sie sich auf den Gutachter vor

Bereiten Sie sich auf den Besuch der Gutachter vom Medizinischen Dienst vor, indem Sie ärztliche Unterlagen bereitlegen und Informationen dazu sammeln, welche Tätigkeiten noch alleine möglich sind und welche nicht. Die Gutachter wollen sowohl mit den Betroffenen als auch mit einer Vertrauensperson – normalerweise nahen Angehörigen – sprechen.

4. Planen Sie die Pflege

Soll sie zu Hause oder in einer Pflegeeinrichtung stattfinden? Verteilen Sie die Aufgaben. Können Angehörige die nötige Pflege erbringen, bei Bedarf mit Unterstützung eines mobilen Pflegedienstes, Dienstleistern wie Essenslieferservice und Haushaltshilfe, oder ist dauernde professionelle Betreuung nötig? Auch hier kann die Pflegekasse oder ein Pflegestützpunkt Sie beraten und erläutern, welche Unterstützungsmöglichkeiten es gibt. Vielleicht ist auch teilstationäre Pflege (Tages- oder Nachtpflege) eine sinnvolle Lösung. Besprechen Sie die Pläne mit dem oder der Pflegebedürftigen, damit eine für alle akzeptable Lösung gefunden wird.

5. Planen Sie die Finanzierung

Die Pflegekasse zahlt einen Pflegekostenzuschuss, deckt aber meist nicht alle Kosten ab. Eventuell kann auch die Sozialhilfe einspringen.

6. Besuchen Sie einen Pflegekurs (falls Sie pflegen möchten)

Wenn Sie selbst (teilweise) pflegen wollen, besuchen Sie einen Pflegekurs. Diverse karitative Organisationen bieten Kurse für pflegende Angehörige an. Die BKK VBK Pflegekasse bietet auch einen Online-Pflegekurs an.

7. Regeln Sie gesetzliche Vollmachten

Regeln Sie die gesetzlichen Vollmachten, Patientenverfügung etc. gemeinsam mit dem oder der Pflegebedürftigen.

Entlastungsmöglichkeiten für pflegende Angehörige

Falls Sie Ihre Arbeitszeit dauerhaft reduzieren, um Angehörige zu pflegen, bekommen Sie ab Pflegegrad 2 Pflegegeld von der Kasse. Zudem übernimmt die Pflegekasse manche Kosten für nötige Umbauten in der Wohnung, für Pflegehilfsmittel wie Bettschutzeinlagen und Hausnotruf, für Dienstleistungen wie Reinigungshilfe oder Einkaufsdienst, für nötige Fahrdienstleistungen und für Kurzzeitpflege im Verhinderungsfall.

Bei plötzlich eintretenden Pflegefällen haben nahe Angehörige außerdem einen gesetzlichen Anspruch auf unbezahlten Urlaub von bis zu 10 Tagen, um das Nötigste zu organisieren. Für diese Zeit zahlt Ihre Pflegekasse ein Pflegeunterstützungsgeld.

Veröffentlicht: 06.04.2023 - Aktualisiert: 21.07.2023