Wie Krieg und Flucht auf die Psyche wirken

Psychosoziale Folgen für Geflüchtete, Helfer und Aufnehmende

Mehr als fünf Millionen Menschen haben seit Beginn der russischen Invasion die Ukraine verlassen – die größte Fluchtbewegung in Europa seit dem zweiten Weltkrieg. Zwar treffen die geflüchteten Menschen meist auf große, oft auch private Hilfsbereitschaft. Dennoch ist die Fluchtsituation mit psychischen und psychosozialen Belastungen verbunden. Welche Folgen das haben kann – und was Helfer beachten sollten.

Die größte Fluchtbewegung in Europa seit dem zweiten Weltkrieg

Mehr als fünf Millionen Menschen haben seit Beginn der russischen Invasion die Ukraine verlassen – die größte Fluchtbewegung in Europa seit dem zweiten Weltkrieg. Zwar treffen die geflüchteten Menschen meist auf große, oft auch private Hilfsbereitschaft. Dennoch ist die Fluchtsituation mit psychischen und psychosozialen Belastungen verbunden. Welche Folgen das haben kann – und was Helfer beachten sollten.

Diese Folgen sind möglich

Für die Geflohenen aus der Ukraine, aber auch für Menschen aus anderen Kriegsgebieten, gilt: „Hier gibt es sicherlich Unterschiede zwischen Menschen, die bereits unmittelbar nach Kriegsbeginn geflohen sind, und denen, die sich erst später zur Flucht entschlossen haben“, sagt Professorin Dr. med. Kerstin Weidner, Direktorin der Klinik und Poliklinik für Psychotherapie und Psychosomatik am Universitätsklinikum Dresden. So erlebten Letztere nicht nur mehr Kriegsgeschehen und militärische Angriffe, sondern seien am Zielort zudem oft in Masseneinrichtungen wie Messe- und Turnhallen untergebracht worden.

Kein gewohntes Umfeld mehr

Gemeinsam haben alle Flüchtenden, dass sie aus ihrer sozialen Umgebung gerissen wurden, ihr Hab und Gut, ihre Wohnung, oft auch Familienangehörige zurücklassen mussten. „Die Menschen sind erschöpft, orientierungslos, ihre Widerstandskraft ist erst einmal verbraucht“, sagt Weidner. Gleichzeitig müssten sie jedoch eine enorme Anpassungsleistung erbringen, sich schlagartig auf eine neue Wirklichkeit mit anderen Lebensbedingungen, anderer Kultur und Sprache einstellen. „Das kann zu Krisen, Verlorenheitsgefühl und (Zukunfts-)Ängsten führen – eine Situation, in der sich psychische und psychosomatische Störungen verstärken oder auch neu entstehen können“, so Weidner.

Rund ein Drittel mit Versorgungsbedarf

Wie hoch der Bedarf an psychosozialer oder psychotherapeutischer Hilfe tatsächlich ist, ist nur schwer abzuschätzen. „Schätzungen gehen von einem Versorgungsbedarf von 30 Prozent aus“, sagt die Expertin. Wichtig sei daher, Ersthelfer dabei zu unterstützen, einen dringenden psychosozialen Versorgungsbedarf zu erkennen und die Betroffenen an geeignete Stellen weiter zu verweisen. „Bei alldem darf es aber nicht zu einer Pathologisierung kommen“, betont Weidner – schließlich entwickelten nicht alle Geflüchteten eine Traumafolge oder andere psychische Störung.

Aufnehmende sollten auch auf sich achten

Auch bei der Aufnahme in Privathaushalten werden Geflüchtete wie Aufnehmende vor besondere Herausforderungen gestellt. „Beim Leben in einem gemeinsamen Haushalt zeigen sich rasch mögliche kulturelle Unterschiede in Bezug auf Kindererziehung, Ernährung, Umgang mit Strom, Wasser oder Nahrungsmitteln“, so Weidner.

Aufgrund von sprachlichen Barrieren lasse sich vieles nicht unmittelbar (er)klären. Für die Aufnehmenden sei es daher wichtig, einerseits Toleranz zu zeigen, andererseits aber auch Grenzen für sich selbst zu setzen. Auch bei der Unterstützung gelte es, das richtige Maß zu finden: Hilfe sollte zwar angeboten werden, so Weidner, den Geflüchteten müsse die Entscheidung, was sie davon annehmen möchten, jedoch selbst überlassen werden. Nur dann könnten sie eigene Ressourcen aktivieren und das für die psychische Gesundheit so wichtige Gefühl der Selbstwirksamkeit und Selbstständigkeit entwickeln.

Hier können Geflüchtete und Aufnehmende bei psychologischen Belastungen Hilfe finden:

  • Psychosoziale Zentren der Bundesweiten Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge

www.baff-zentren.org​​​​​​​

  • Trauma-Ambulanzen
  • Ambulanzen in psychosomatischen und psychiatrischen Kliniken
  • von den Kassenärztlichen Vereinigungen betriebene internationale Praxen
  • niederschwellige Beratungs- und Gesprächsangebote in Erstaufnahmeeinrichtungen

Psychologische Hilfe

Sie haben das Gefühl, in Job oder Privatleben überfordert zu sein? Wir sind gerne mit Rat und Hilfe an Ihrer Seite. Angebote und Tipps rund um psychische Gesundheit finden Sie unter:

www.lorem-ipsum.de

Ihr Ansprechpartner

Frank Mustermann
01234 5678-9
frank.mustermann@bkk.de

Veröffentlicht: 27.10.2022 - Aktualisiert: 21.07.2023